Der Puppy Puzzle Test von Pat Hastings

Die körperliche Analyse von Welpen und erwachsenen Hunden nach dem Test von Pat Hastings ermöglicht uns das individuelle Potential eines Hundes richtig einzuschätzen. Dieses Wissen hilft uns dem Hund mit einer passenden Lebensaufgabe gerecht zu werden.

 

Pat Hastings - Hat die Körperanalyse von Hunden zu ihrer Lebensaufgabe gemacht.

Die Gründe zur Hundehaltung sind sehr unterschiedlich. Manch einer verfolgt ein spezielles Leistungsziel mit seinem Tier, sei es im sportlichen, züchterischen oder dienstlichen Bereich, andere Hundehalter möchten einen „Kumpel“, der mit ihnen durchs Leben geht.

Ebenso unterschiedlich sind die Modalitäten vor der Übernahme eines Hundes. Von tierschutzbedenklichen Spontankäufen eines „Wühltischwelpen“ bis hin zur rechercheintensiven Planung ist ebenfalls alles vertreten.

Wie finde ich den idealen Welpen für meine Ziele und Wünsche?

Selbst mit intensiver Vorabplanung und bedachter Rasse- und Individuen-Wahl ist man im Normalfall noch nicht davor gefeit, einen Hund zu übernehmen, den man später in der Ausbildung oder in der Ausübung seiner Aufgabe unwissentlich überfordert – oder mit dem man die gesteckten Ziele und Wünsche in Zucht, Sport oder Dienst usw. gar nie erreichen kann, weil der Hund die körperlichen Voraussetzungen dazu nicht mitbringt.

 

Viele Welpentests fokussieren auf veränderliche Details

Welpentests, von denen einige leider vom ethologisch und lerntheoretischen Standpunkt aus betrachtet zudem oft zweifelhafter Qualität sind, beziehen sich gemeinhin auf das Wesen des Hundes. Doch das ist im Hinblick auf sein Können nur ein (und zudem ein stark beeinflussbarer) Aspekt. Die Leistungsfähigkeit eines Tieres setzt sich stets aus dem charakterlichen Anteil (dem Wesen) und dem gesundheitlichen Anteil zusammen.

Die Gesundheit wiederum umfasst einen fixierten Anteil - den Bauplan des Hundes - und einen variablen Anteil also die jeweilige Antwort auf die inneren und äußeren Bedingungen (inkl. erworbener Erkrankungen).

Eine Hand voll Welpen.

 

Der Puppy Puzzle - Die Hastings Methode der Körperanalyse von Hunden

Der als Puppy Puzzle bekannte und von Pat Hastings entwickelte Test bezieht sich auf den Bauplan des Hundes. Es ist ein Test zur körperlichen Analyse von Hunden.

Ein besonderer Vorteil des Tests ist, dass er bereits in der achten Woche oder beim erwachsenen Hund und zwar ohne aufwändige medizinische Kontrollen oder Apparaturen angewandt werden kann. Für die Entscheidung einen Hund zu übernehmen, mit dem Großes geplant ist - etwa für die Zucht, den Leistungssport oder die Arbeit mit Hunden (gleichwohl in welchem Bereich), ist dies ein Alleinstellungsmerkmal, welches kein anderes Testverfahren bietet.

 

Einblick in den Puppy Puzzle Test nach Hastings

Der Test bezieht sich auf Hunde, die wahlweise körperlich ausgewachsen sind oder auf achtwöchige Welpen (+/- 3 Tage), da nur in diesen Fällen die körperlichen Proportionen kontrollfähig bzw. in der Aussage stichhaltig sind. In anderen Wachstumsphasen kann man durch einen Wachstumsschub Täuschungen unterliegen, die sich wieder verwachsen.

 

Der Hund wird in seiner Gesamtheit betrachtet

Bei der Beurteilung wird der Hund, egal ob Welpe oder bereits erwachsen, zunächst in seiner Gesamtheit angeschaut und zwar immer mithilfe eines Spiegels. Auf diese Weise ist eine Beurteilung mit der nötigen Distanz möglich, ohne den Kontakt zum Hund zu verlieren.

 

Über 70 Einzelkriterien können analysiert werden

Analysiert werden insgesamt über siebzig Einzelkriterien des Bauplans. Ein Schwerpunkt des Tests bezieht sich auf die Statik des Hundes.

Aber auch die Körperproportionen, muskuläre Elemente, das Gebiss oder die Gelenkwinkelungen spielen eine große Rolle. Anhand der erhobenen Daten kann eine Einschätzung vorgenommen werden, wie hoch das (körperliche) Potential des Hundes ist, seinem angestrebten Ziel aufgrund seines körperlichen Potentials gerecht zu werden.

Die Einschätzung erfolgt hierbei immer vor dem Hintergrund des jeweiligen Rassestandards, also des ursprünglichen Verwendungszwecks und/oder seiner durch den (neuen) Halter angestrebten Bestimmung.

Die Einschätzung von Mischlingen kann ebenfalls vorgenommen werden. In diesem Fall wird der Veranlagungstypus als Vergleichsmaßstab herangezogen.

Abbildung 1: Der Phänotyp spiegelt die Funktionalität. Beispiel einer für den Typ ausgewogenen Bauweise inkl. der wichtigsten »Check-up-Hilfslinien«.

Anschauungsbeispiel eines Hunde-Skeletts - Zeichnung: Pat Hastings

Abbildung 1: Zeichnung Eigentum von Pat Hastings.

 

Zwei Beispiele für das bessere Verständnis der Methode

Anhand von zwei Beispielen, auf die sonst wenig Augenmerk gerichtet wird, möchte ich verdeutlichen, welche Art der Information sich für den Halter aus dem Test ergeben:

 

Das Lungenvolumen für die Ausdauer

Das Lungenvolumen wird unter anderem durch die Länge des Brustbeins bestimmt. Somit spielt diese im Hinblick auf die Ausdauer eines Hundes eine entscheidende Rolle.

Weiterhin sorgt es bei korrekter Länge gemeinsam mit den Rippen für den Schutz der Organe im vorderen Bauchraum. Ist das Brustbein zu kurz verläuft der Rippenbogen viel steiler und verkleinert so den Brustkorb.

Man spricht von einem so genannten Herings-Bauch, dessen Folge ein schlechtes Durchhaltevermögen und stoßgefährdete Organe (Magen, Milz, Teile der Leber und des Darms) sind.

Abbildung 2: Gut entwickelter Brustkorb (rot) und so genannter »Hering-Bauch« (blau).

Anschauungsbeispiel anhand eines Skeletts. Zeichnung: Pat Hastings

Abbildung 2: Zeichnung Eigentum von Pat Hastings.

 

Die Schulterblätter für den Gang und die Beweglichkeit

Durch die Lage der Schulterblätter werden Schrittführung, Schrittlänge, Auffußungsverhalten und die Beweglichkeit des Halses definiert. Nur bei idealer Lage und Winkelung ist der Gang effizient und ein problemloses Absenken des Kopfes möglich. Mängel in diesem Analysepunkt stellen sich beispielsweise durch Gangfehler (Schaufeln, Entlasten, kurze Schritte), eine ungenügende Stoßdämpfung beim Sprung sowie Schwierigkeiten bei bodennaher Suchleistung dar.

Abbildung 3: Hund mit einem scheinbar »kurzen Hals« aufgrund hoher Schulterblattstellung.

Anschauungsbeispiel anhand eines Skeletts, Zeichnung Pat Hastings.

Abbildung 3: Zeichnung Eigentum von Pat Hastings.

 

Wie ist der Puppy Puzzle Test zur körperlichen Analyse von Hunden entstanden?

Die Motivation für die Lebensaufgabe, dieses System zu entwickeln gab die Erkenntnis, dass Pat Hastings und ihr Mann Bob als Züchter immer wieder Welpen abgegeben haben, von denen sie später merkten, sie hätten sie in der Zucht behalten sollen und Welpen behalten haben, die sich letztendlich für die Zucht als ungeeignet erwiesen.

Im Verlauf der Testentwicklung machten sie es sich zur Aufgabe, nicht nur ihre „Lieblingsrasse“ zu züchten, sondern Rassehunde aller FCI-Sparten, um das System auf alle Rassen ausrichten zu können. Die Mühe hat sich vollauf gelohnt: Kontrolltests ergeben, dass die Aussagekraft des Puppy Puzzels zur Potentialeinschätzung eines Hundes unübertroffen ist.

An der Entwicklung des Test war auch Pats verstorbener Mann Bob und sowie tierärztliche Anatomen, Orthopäden und Chirurgen (unter anderem Dr. Barclay Slocum, der Entwickler der TPLO-Operationsmethode) sowie Statiker und Ingenieure beteiligt.

Welpen sitzen brav und lassen sich fotografieren.

Ziel war es, ein System zu entwickeln, das geeignet ist, die körperlichen Stärken und Schwächen von Welpen und erwachsenen Hunde zu erkennen und zu beurteilen.

 

Pat Hastings hat für ihre Arbeit diverse Auszeichnungen erhalten

Pat Hastings hat über viele Jahrzehnte hinweg außerordentliche Erfolge als Züchterin erzielt und eine große Anzahl leistungsstarker Hunde für den Einsatz in den unterschiedlichsten Sparten hervorgebracht.

Der als Puppy Puzzle bekannte Test genießt international höchste Anerkennung, was sich auch in dem Erhalt diverse Auszeichnungen widerspiegelt. Dieses Jahr erhielt Pat Hastings beispielsweise den „Lifetime Achievement Award for Research 2014“ des American Kennel Club.

 

Hintergrundwissen

Einem Hund Leistung abzuverlangen, zu dem er körperlich nicht in der Lage ist, ist mehr als nur ein Kavaliersdelikt. Ja nach Gesetzeslage (CH, D, AT und weitere Länder) wird dies sogar als konkretes Vergehen gegen das Tierschutzrecht gewertet.

Ein wünschenswertes Ziel: Jedem Hund seine passende Aufgabe

Schlittenhunde erbringen oft Höchstleistungen

Der Erfolgsschlüssel ist, das mögliche Leistungsniveau eines Hundes (sein Arbeitspotential) frühzeitig zu erkennen.

Auf diese Weise können die Hunde von Züchterseite den entsprechenden Haltern zugewiesen und ideal platziert werden oder von einem leistungsorientierten Hundesportler, Diensthundeführer oder Servicehundeausbilder entsprechend gewählt werden.

Natürlich soll auch die Platzierung eines Hundes in private Hand (als Familienhund) nicht unterschätzt werden.

Häufig finden gerade hier Hunde mit gewissen körperlichen „Mängeln“, die sie als Leistungshund disqualifizieren ein perfektes und liebevolles Zuhause, in dem sie IHR Potential als liebenswerter Hausgenosse ganz ohne Leistungsstreben voll entfalten können.

 

Eine schöne Aussage von Pat Hastings:

„Hunde schenken uns stets ihr ganzes Potential. Oftmals sind sie bereit, über das Maß ihrer gesundheitskonformen körperlichen Belastungsgrenze hinaus zu arbeiten.

Es ist daher unsere Pflicht als Hundehalter (Ausbilder und Hundeführer) dieses Potential zu erkennen und die Tiere ihrer körperlichen Fähigkeiten entsprechend zu platzieren oder einzusetzen, um Schäden durch „missbräuchlichen“ Einsatz an der körperlichen Struktur zu vermeiden.“

 

Leistungsmangel oder Verhaltensauffälligkeiten aus körperlichen Gründen

Hund in voller Leistung und Konzentration.

Wenn in der Ausbildung einmal etwas nicht so glatt läuft, wird Hunden leider häufig Unwillen unterstellt und zur Korrektur nicht selten ein harter Ausbildungsweg gewählt. Gleiches gilt für Tiere mit Verhaltensauffälligkeiten. Ein Ansatz, der in beiden Fällen Sach- und Fachkunde des Anwenders vermissen lässt.

Denn sowohl Leistungsmängeln als auch Verhaltensauffälligkeiten liegt oftmals eine körperliche Ursache zugrunde. Diese gilt es vor der Erstellung eines zwingendermaßen lerntheoretisch orientierten und belohnungsbasierten Therapieplans tierärztlich und ggf. zusätzlich unter Zuhilfenahme des Puppy Puzzle Tests abzuklären.

 

Zusammenfassung

Leistungsanforderungen und Leistungsfähigkeit müssen im Einklang miteinander stehen, um nachhaltige Erfolge zu erzielen - egal in welchem Bereich.

Die Leistungsfähigkeit spiegelt sich in der körperlichen Fitness, der Präzision und bei der Zuverlässigkeit der inhaltlichen Umsetzung der Übungen. Diese Faktoren sind in weitem Maße durch ein entsprechendes Training zu beeinflussen.

Die Leistungsfähigkeit wird aber auch durch die konkreten körperlichen Gegebenheiten (also die individuelle Bauweise und daraus resultierende Gesundheit) eines Individuums bestimmt und gegebenenfalls limitiert.

Hund springt - Agility

 

Oft werden strukturelle Defizite zu spät erkannt

Leistungseinbrüche und von Halter- oder Ausbilderseite enttäuschte Erwartungen sind bei gutem (lerntheoretisch makellosen) Trainingsansatz praktisch immer durch die körperliche Verfassung des Hundes bedingt. Dies gilt auch für Hunde, die weiterhin eine hohe Motivationslage zeigen, der Leistung gerecht werden zu wollen!

Tragischer Weise werden nämlich gerade durch den hohen Arbeitswillen unserer Hunde besonders die genetisch programmierten strukturellen Defizite zu spät erkannt, da sie einem nicht direkt ins Auge springen, wie es bei akuten Erkrankungen der Fall ist.

 

Potential erkennen und passend platzieren

Der Puppy Puzzle Test von Pat Hastings bietet eine hervorragende Möglichkeit, den Bauplan des Hundes zu analysieren und so etwaige Schwachpunkte aufzudecken. Mit diesem Wissen kann ein Hund immer entsprechend seiner Veranlagung platziert und im Training gefördert und gefordert werden.

Der Aspekt der frühen Potentialerkennung macht den Puppy Puzzle Test zu einem extrem wertvollen Untersuchungsinstrument für Züchter (nur die körperlich und wesensmäßig besten Hunde sollten in der Zucht eingesetzt werden), Aussteller, Leistungssportler, Dienst- und Servicehundeausbilder und -führer und natürlich auch für Familienhundehalter!

 

Wir sollten bedenken, dass unsere Hunde uns mehr schenken, als wir ihnen jemals zurückgeben könnten - nämlich ihr ganzes Herz und Wesen!

Eine tierschutzkonforme Haltung, bei der auch körperliche Kontrollen durchgeführt und die Ergebnisse berücksichtigt werden, sind das Mindeste, das wir ihnen schuldig sind.

Ein glücklicker Hund.

 

 

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Autoren

Celina del Amo
Verhaltenstierärztin & Hundetrainerin

Lupologic GmbH

Celina del Amo ist Tierärztin mit dem Fachschwerpunkt Verhaltensmedizin Kleintiere. Sie leitet Hundekurse in den Themenbereichen: Welpenförderung, Familienbegleithund (= Problem- prophylaxe), Physiotherapie, Tricktraining & Dogdance.

Im Sektor Hundeerziehung hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht, welche in viele Sprachen übersetzt wurden und von Fachpersonen sowie Laien gleichermassen geschätzt werden.

Seit weit über einem Jahrzehnt ist sie im In- und Ausland als Referentin und Kursleiterin unterwegs. Sehr häufig führt ihr Weg sie hierbei in die Schweiz.

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