Abschaffung der obligatorischen Hundekurse? Bitte nicht!

Abschaffung SKN Kurse - nein!
Kategorie:
Hunde & das Gesetz

Was man in den Medien über die SKN-Kurse und den Vorstoss des Ständerates Ruedi Noser (FDP), zur „Aufhebung des Obligatoriums für Hundekurse“ lesen konnte hat bei uns Fragen aufgeworfen. Beissvorfälle waren einst der Grund, weshalb die obligatorischen Kurse ins Leben gerufen wurden. Jetzt sollen sie mitunter der Grund sein, weshalb sie wieder abgeschafft werden?

Im Zusammenhang mit diesem Vorstoss zur Abschaffung des Obligatoriums möchten wir in diesem Newsbeitrag ein paar Gedanken zur aktuellen Situation der SKN-Kurse platzieren. Diese Gedanken sind mit Sicherheit nicht abschliessend, doch sie zeigen einmal eine andere Sicht auf die ganze Situation, als es der Öffentlichkeit durch die Medien in den letzten Monaten präsentiert wurde.

Es hiess zum Beispiel, dass die Kurse nichts bringen und dass ca. ein Fünftel der Hundebesitzer die Kurse gar nicht besuche. Einverstanden: wenn die Kurse geschwänzt werden, bringen sie wirklich nichts. Wer jedoch einen guten SKN-Kurs besucht, kann echt profitieren! Das Schwänzen hingegen sollte sich natürlich nicht lohnen, doch dazu später mehr!

 

Was bringt der SKN-Kurs?

Bei den SKN-Kursen geht es einerseits um den „Schutz der Öffentlichkeit vor den Hunden“ und andererseits um „den Schutz des Tieres“, da die artgerechte Haltung eines Hundes nicht so einfach ist, wie man gerne glaubt. Es geht um eine präventive Massnahme für das Wohl von Hund, Halter und Öffentlichkeit. Der Sachkundenachweis soll dem Hundehalter das richtige "Hunde-Wissen" und "Hunde-Gespühr" frühzeitig vermitteln und nicht erst, wenn sein Hund bereits leidet und dadurch allenfalls bereits Dritte Schaden genommen haben.

Ein guter obligatorischer Hundekurs legt also nicht nur einen wichtigen Grundstein „in die richtige Richtung“ der individuellen Mensch-Hund-Beziehung - er spielt auch eine bemerkenswert grosse Rolle in Sachen Tierschutz, Prävention und Risikoeindämmung für unglückliche Zwischenfälle oder gar Unfälle in der Öffentlichkeit und auch zu Hause.

Für genauere Details bezüglich der SKN-Kurse verweisen wir auf unseren Fachbeitrag „SKN-Kurse (Sachkundenachweis) für Hundehalter“. Darin haben wir den Aufbau, den Mehrwert und die Lerninhalte eines guten SKN-Kurses erläutert. Wir haben auch auf „schwarze Schafe der Trainerschaft“ hingewiesen, denn, SKN-Kurs ist nicht gleich SKN-Kurs.

Es hiess, die SKN-Kurse bringen nichts

Die Umfrage des BLV kam zu einem anderen Ergebnis

Die Evaluation der SKN-Kurse, welche kürzlich vom BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen) veröffentlich wurde, kam insgesamt zu einem ganz anderen, positiven Ergebnis: nämlich, dass die Ausbildung sowohl von den Kursabsolventen als auch von den Hundetrainern und den kantonalen Veterinärbehörden mehrheitlich positiv beurteilt werden.

Auch hier möchten wir den Aspekt des Tierwohls nochmals stark betonen

Wir sind überzeugt, dass sich die Hunde - wenn sie eine Stimme hätten - auch klar für die obligatorischen Kurse aussprechen würden.

Missstände in der Haltung und im Umgang mit Hunden gibt es öfter als man denkt. Oft können SKN-Trainer diese erkennen und gemeinsam mit Hundehalter verbessern. Somit leisten sie auch wichtige Fundamentarbeit in Sachen Tierschutz.

Wie oft kommt es vor, dass SKN-Trainer „Mediator“ oder „Übersetzer“ sind zwischen Mensch und Hund? Sehr, sehr oft! Nicht selten auch bei Hundehaltern, die ohne Obligatorium nie einen Fuss in eine Hundeschule setzen würden. Doch am Ende des Kurses sind sie heilfroh diesen besucht zu haben, weil sie ihren Hund viel besser verstehen und einschätzen können und es zu massiv weniger Missverständnissen und Konflikten kommt. Sei es zu Hause oder in der Öffentlichkeit.

Beissvorfälle

Ja, es gibt leider immer noch zu viele Beissvorfälle und das ist wirklich sehr bedauerlich. Doch wir sind überzeugt, dass auch viele Konflikte entschärft und Beissvorfälle vermieden werden konnten, weil Hundehalter dank den SKN-Kursen gelernt haben ihren Hund in alltäglichen sowie heiklen Situationen richtig einzuschätzen.

Natürlich ist es das grosse Ziel, diese Beissunfälle noch stark zu reduzieren. Doch dazu hilft eine Abschaffung der obligatorischen Kurse keinesfalls - eher das Gegenteil: eine Erweiterung!

Oder würde jemand auf die Idee kommen, die Fahrprüfung abzuschaffen, nur weil es immer noch zu Verkehrsunfällen kommt?

 

Verbesserung und Erweiterung statt Aufhebung des Obligatoriums!

Hunde sind absolut geniale, intelligente Wesen und „im Grunde einfach“ wenn man sie einmal versteht. Doch bis dahin ist es oft ein langer Weg mit vielen Stolpersteinen - und das ist völlig normal!

Die Einführung der obligatorischen Kurse war ein grosser Schritt in die richtige Richtung, worauf wir Schweizer stolz sein dürfen! Doch das damals ins Leben gerufene "Kurs-System" geht einfach zu wenig weit um den gewünschten Effekt, z.B. die Reduktion der Beissunfälle, zu erzielen. Das spricht aber keinesfalls für eine Abschaffung der Kurse - wir müssen das System einfach nur verbessern und erweitern.

Das System rund um die Fahrprüfung wurde im Laufe der Jahre auch immer wieder verbessert und erweitert - genau so sollten wir auch diese Sache angehen.

 

Verbesserungsvorschläge

Hier ein paar Punkte, die in Fachkreisen oft bemängelt und diskutiert werden:

  • Der Vollzug bzw. die Kontrolle, ob ein Hundehalter alle obligatorischen Kurse innert Frist besucht, findet in vielen Kantonen/Gemeinden nicht ausreichend statt. Als Folge: der Kurs wird gar nicht besucht - oder viel zu spät und verliert somit an Wirkung
    • z.B. den Theoriekurs erst nach der Anschaffung des Hundes. So fehlen vor der Anschaffung wichtige Informationen, z.B. für die sorgfältige Auswahl des Hundes sowie dessen Herkunft (Stichwort unseriöse Züchter, illegaler Welpenhandel, unseriöse Tierschutzorganisationen) rassetypische Eigenschaften, Hundegesetze in der Schweiz usw.
    • Auch der Praxiskurs sollte möglichst früh, bevorzugt im frühen Junghundealter besucht werden. Häufig wird die Frist jedoch verschlafen oder erst im aller letzten Moment wahrgenommen. Oft haben sich dann bis zu diesem Zeitpunkt bereits erhebliche „Probleme“ eingeschlichen und gefestigt, die in einem klassischen SKN Gruppen-Kurs à 4 Lektionen - der zur Prävention und nicht zur individuellen Verhaltenstherapie dient - natürlich nicht „beseitigt“ werden können. Genau dies wird aber leider fälschlicherweise nicht selten erwartet.

Verbesserung: die Kontrollen müssen in allen Kantonen/Gemeinden konsequent stattfinden. Die neue Hundedatenbank AMICUS könnte in den Prozess beigezogen werden. Zudem sollten sich seriöse Züchter, Tierheime und Tierschutzorganisationen dazu verpflichten Hunde nur Haltern abzugeben, die den SKN-Theorie-Ausweis vorweisen können (im Idealfall nicht mit Datum der letzten Woche, da die Anschaffung eines Hundes niemals ein Schnellschuss sein sollte). Darüber hinaus gilt es zu prüfen, ob die Frist für die Absolvierung des SKN-Praxiskurses nicht verkürzt werden sollte, z.B. auf sechs anstatt der aktuell 12 Monaten nach Übernahme des Hundes. Dies würde dem Ziel der „Prävention“ einiges näher kommen.

  • Es gibt verschiedene Ausbildungsstätten, welche Hundetrainer ausbilden bzw. diese befähigen, obligatorische Kurse zu unterrichten. Deren Ausbildungskonzepte sind jedoch nicht einheitlich aufgebaut.
    • Die Qualitätsunterschiede der Trainer sind entsprechend sehr gross, was sich 1:1 in den Kursen bzw. deren Mehrwert für die Teilnehmer widerspiegelt.

Verbesserung: Die Ausbildungskonzepte sollten also überprüft und vereinheitlicht werden – und sich dabei qualitativ den höheren und umfassenderen Ausbildungen angleichen, keinesfalls umgekehrt. Eine Art eidgenössisches Diplom, welches auch Hundehaltern gegenüber einen Qualitäts-Standard garantiert, wäre sehr hilfreich.

  • Die Qualität und Inhalte der Kurse, inkl. den „Philosophien und Methoden“ der Trainer werden nicht überprüft. Neben vielen hoch engagierten Trainern, die sich stetig weiterbilden und nach neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen und somit selbstverständlich gewaltfrei unterrichten, geistern leider immer noch Trainer durch die Hundewelt, die tierschutzwidrig arbeiten und dies auch in den Kursen so vorleben - dies natürlich auch über die SKN-Kurse hinaus.
    • Landet ein Hundehalter also unwissentlich in der „falschen“ Hundeschule, wird ihm ein falscher Umgang mit dem Hund vorgelebt und unter Umständen gar aufgedrängt. Und das obwohl die SKN-Kurse eigentlich den „richtigen“ Umgang mit dem Hund vermitteln sollten: heute weiss man, dass Druck, Strafe & Co. in der Hundeerziehung zu Aggressionsproblematiken führen können.

Verbesserung: mit Kontrollen sollten diese Hundeschulen sich entweder verbessern müssen oder geschlossen werden. Hier wird die Mitarbeit der Veterinärämtern benötig.

  • Oft hört man auch von so grossen Gruppen, dass einzelne Teilnehmer gar nicht mehr richtig hören können, was der Trainer erzählt. Bei zu grossen Gruppen hat ein Trainer auch keine Chance mehr, auf die individuellen Ausgangslagen und Fragen der verschiedenen Mensch-Hund-Teams einzugehen – und genau dadurch zeichnet sich ein guter Kurs aus.

Verbesserung: Es würde Sinn machen, die Gruppengrösse auf max. 6 Mensch-Hund-Teams pro Trainer einzuschränken

  • Mit den heutigen gesetzlichen Anforderungen von vier Stunden Theorie und vier Stunden Praxis können die Kurse nicht so umfangreich gestaltet werden wie es eigentlich nötig wäre um durchgehend das nötige Wissen und Verständnis aufzubauen. Aus diesem Grund bieten schon heute viele Hundeschulen die obligatorischen Kurse mit einem höheren Stunden-Volumen an.

Verbesserung: Es wäre lohnenswert diese Mindest-Anforderungen bzw.. Anzahl Lektionen nochmals zu prüfen, zumindest für Ersthundehalter (Theorie- und Praxis).

 

Lockerungen - ab dem zweiten Hund vorstellbar

Wenn die SKN-Kurse gelockert werden sollten, dann für Personen die bereits einen Hund hatten – sofern bei diesem Mensch-Hund-Team keine Probleme bestanden haben. Doch auch hier gilt es zu bedenken, dass jeder Hund- sei er auch von derselben Rasse und vielleicht sogar vom selben Züchter – ein absolutes Individuum ist.

So braucht ein Hundehalter bei seinem zweiten Hund vielleicht ganz andere Trainings-Tipps zur Prophylaxe von Problemverhalten als bei seinem ersten Hund. Zudem entwickelt sich die Hundeerziehung ja auch weiter. Früher waren Druck und Härte noch an der Tagesordnung in jeder Hundeschule. Wer also vor 20 Jahren einen Hund hatte und sich heute einen neuen Vierbeiner anschafft, der verpasst ohne SKN-Kurs allenfalls die Chance von den „neuen“ gewaltfreien Trainingsmethoden zu profitieren – und das nicht nur zum Nachteil seines Hundes.

 

Der Vorwurf der Geldmacherei und dem grossen Zeitaufwand

Wer den SKN-Trainern reine Geldmacherei vorwirft, hatte wohl nicht das Glück einen wirklich guten SKN-Kurs (kleine Gruppe, hohe Qualität im Training, individuelle Tipps zur Prophylaxe/Prävention von Problemen usw.) zu besuchen und konnte leider nicht profitieren. Das ist sehr bedauerlich.

Aber grundsätzlich zu behaupten, ein SKN-Kurs koste den Hundehalter zu viel Zeit und Geld? Mal ehrlich: im Verhältnis dazu, was ein Hund sein Leben lang kosten wird - und wie unglaublich viele Stunden wir uns intensiv mit ihm beschäftigen werden (wenn wir einen guten Job machen) - dazu ist ein SKN-Kurs nun wirklich ein winziger Klacks.

Wenn Zeit und Geld vor der Anschaffung eines Hundes nicht vorhanden sind, dann ist der Zeitpunkt für den Hund einfach nicht der Richtige. Wer es nicht schafft, in den ersten Monaten nach der Übernahme seines Hundes vier mal für eine Stunde in die Hundeschule zu gehen, der schafft es wahrscheinlich auch nicht seinen Hund regelmässig ausreichend spazieren zu führen - das Mindeste, was ein Hund braucht.

 

Und das sollte auch einmal gesagt werden

Auch wenn wir oben viele Punkte zur Verbesserung aufgelistet haben: das heutige System der SKN-Kurse funktioniert wunderbar, vorausgesetzt der Hundehalter macht mit. Das heisst, er besucht seine Kurse rechtzeitig und mit der nötigen Motivation - und er gerät an eine vorbildliche Hundeschule, welche die Kurse so unterrichtet, wie sie angedacht sind. Dann können Mensch und Hund von beiden Kursen effektiv profitieren und haben sogar Spass dabei.

Tipp: An dieser Stelle verweisen wir gerne auf unseren Ratgeber: „Gute Hundeschule finden leicht gemacht!“ und betonen nochmals, dass sich ein vorheriges Schnuppern (natürlich ohne Hund) sehr lohnt.

Ein Lob an alle vorbildlichen Hundeschulen

Es gibt sehr viele sehr gute SKN-Kurse. Diese Trainer arbeiten hoch engagiert und investieren regelmässig viel Zeit und Geld in hochwertige Weiterbildungen um das neuste Wissen ihren Kunden weiterzugeben. Die Ergebnisse deren Kurse sind bemerkenswert und werden von den Teilnehmern überaus geschätzt.

Das wir in den Medien leider nur immer negative Schlagzeilen über die SKN-Kurse lesen liegt an einer sehr einseitigen Berichterstattung.

 

So, an dieser Stelle beenden wir unsere Gedanken zu diesem Thema - auch wenn wir noch viele weitere Ideen zur Verbesserung hätten - und widmen uns wieder an einem Schreiben an den Nationalrat, in welchem wir ihn bitten, den Vorstoss zur Abschaffung der obligatorischen Kurse abzulehnen.

Teilen mit:

Facebook icon
Twitter icon